BEZIRKSREGIERUNG

DETMOLD

Neubau der 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung Gütersloh-Halle/Hesseln

Die Amprion GmbH (Vorhabenträgerin) hatte im Dezember 2013 bei der Bezirksregierung Detmold zunächst die Planfeststellung für den Neubau des gesamten nordrhein-westfälischen Abschnitts der 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung Gütersloh-Lüstringen beantragt. Sie betreibt zwischen den Umspannanlagen in Gütersloh (NRW) und Lüstringen bei Osnabrück in Niedersachsen (NI) bereits heute eine über die Punkte Ummeln (Gemeinde Steinhagen nahe der Stadtgrenze zu Bielefeld), Hesseln-Süd und Hesseln-Nord (jeweils Stadt Halle) sowie Königsholz (Stadt Borgholzhausen) an der Landesgrenze NRW/NI führende 220-kV-Höchstspannungsfreileitung, die über einen Abzweig vom Punkt Hesseln-Süd an die Umspannanlage Hesseln angebunden ist. Von dort führt eine nicht zum Übertragungsnetz der Vorhabenträgerin gehörende 110-kV-Freileitung des Verteilnetzes auf separater Trasse zu dem den Punkt Hesseln-Nord markierenden Mast 110 der 220-kV-Bestandstrasse, auf deren Masten sie dann in Richtung Niedersachsen mitgeführt wird.

 

Der Antrag vom Dezember 2013 sieht vor, den rd. 27 lm langen NRW-Abschnitt dieser 110-/220-kV-Höchstspannungsfreileitung Gütersloh-Lüstringen nach ihrem Rückbau in einem Abschnitt durch den Neubau einer 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung zu ersetzen. Der Neubau gehört als Bestandteil der 380-kV-Höchstspannungsleitung Gütersloh-Wehrendorf zu dem Projekt Nr. 16 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG), für das der Bundesgesetzgeber 2009 einen vordringlichen Bedarf festgestellt hat.

 

Die 110-kV-Freileitung soll künftig durchgehend – d. h. auch zwischen der Umspannanlage Hesseln und dem Punkt Hesseln – auf dem neuen 380-kV-Mastgestänge mitgeführt werden. Es sollen weitgehend die bisherigen Trassenräume genutzt werden, die durch den Rückbau der Bestandsleitungen frei werden. Einige wenige kleinräumige Abweichungen vom bisherigen Trassenverlauf sollen Wohnbebauungen entlasten. Dementsprechende Trassenoptimierungen sieht der Antrag insbesondere in den Ortslagen Hollen und Isselhorst der Stadt Gütersloh, am Punkt Ummeln sowie in den Bereichen der Siedlungen „Am Forst“ (Stadt Halle) und „Sunderweg“ (Stadt Borgholzhausen) vor. Auch die Bündelung der bislang zwischen der Umspannanlage Hesseln und den Punkten Hesseln-Nord und Hesseln-Süd separat geführten Leitungen auf nur noch einem von der Umspannanlage zum neuen Punkt Hesseln führenden Mastgestänge hat entsprechende Verbesserungen zum Ziel. Zu den sog. Pilotprojekten, für die das EnLAG unter bestimmten Rahmenbedingungen auch die Planfeststellung eines 380-kV-Erdkabels anstelle der Freileitung zulässt, gehörte das Vorhaben im Dezember 2013 hingegen nicht.

 

Das beantragte Planfeststellungsverfahren wurde im Februar 2014 eingeleitet. Die Unterlagen haben in der Zeit vom 10.02. bis 10.03.2014 in den Städten Gütersloh, Bielefeld, Halle und Borgholzhausen sowie in der Gemeinde Steinhagen (in Bielefeld sowohl im Amt für Verkehr als auch im Bezirksamt Brackwede) zur allgemeinen Einsichtnahme öffentlich ausgelegen. Ergänzend und außerhalb einer Rechtspflicht – eine solche wurde erst später eingeführt – wurden die Planunterlagen auch auf die Homepage der Bezirksregierung Detmold (siehe unten) gestellt.

Bis zum Ablauf der 2-wöchigen Einwendungsfrist am 24. März 2014 hatten dann alle von der Maßnahme Betroffenen die Möglichkeit, bei den Auslegungskommunen sowie auch direkt bei der Bezirksregierung Detmold schriftlich oder zur Niederschrift Einwendungen zu erheben. Insgesamt haben rd. 780 Einwender/innen in Einzel- oder Sammeleinwendungen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Die Einwendungen wurden – wie auch die Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange, die separat beteiligt wurden – der Amprion GmbH zur Auswertung und Erarbeitung einer Stellungnahme aus Sicht der Vorhabenträgerin (Gegenäußerung) zugeleitet.

 

Eine der zentralen Forderungen aus den Einwendungen und vor allem aus dem Raum Borgholzhausen, aus dem der Großteil der Einwendungen kam, war es, im Umfeld bebauter Gebiete auf eine Freileitung zu verzichten und die Leitung stattdessen als Erdkabel zu verlegen. Im Dezember 2015 hat der Gesetzgeber die 380-kV-Höchstdspannungsleitung Gütersloh-Lüstringen dann zwar in die Pilotprojektliste aufgenommen und damit unter Berücksichtigung der weiteren Vorgaben des EnLAG grundsätzlich die Planfeststellung einer teilweisen oder vollständigen Erdverkabelung ermöglicht. Eine Übergangsregelung im EnLAG macht dies bei einem wie hier bereits anhängigen Verfahren aber davon abhängig, dass der Vorhabenträger ausdrücklich die Umstellung auf neues Recht beantragt.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Amprion GmbH ihren Planfeststellungsantrag dann am 16.08.2017 auf den Abschnitt Gütersloh-Halle/Hesseln beschränkt und ihn für den nördlich daran anschließenden Abschnitt vom Punkt Hesseln bis zum Punkt Königsholz an der Landesgrenze NRW/NI zurückgezogen. Für diesen Leitungsabschnitt hat die Bezirksregierung Detmold das Planfeststellungsverfahren daher mit Beschluss vom 24.08.2017 eingestellt. Für den 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitungsabschnitt vom Punkt Hesseln-Nord bzw. ab Mast 110 der Bestandstrasse bis zum Punkt Königsholz ist das förmliche Verwaltungsverfahren der Planfeststellung damit beendet worden.

 

Als Gegenstand des seit 2013 anhängigen Planfeststellungsverfahrens sind damit verbleiben

 

  1. der Neubau des 380-kV-Höchstspannungsfreileitungsabschnitts von der Umspannanlage Gütersloh bis zu dem Punkt Hesseln in Halle (d. h. bis Mast 51)
  2. der Abzweig dieser 380-kV-Leitung von dem Punkt Hesseln bis zur Umspannanlage Hesseln
  3. die 110-kV-Hochspannungsfreileitung zwischen dem Punkt Hesseln und der Umspannanlage Hesseln, die auf dem geplanten 380-kV-Gestänge mitgeführt werden soll, sowie
  4. das Spannfeld zwischen dem Punkt Hesseln/dem Mast 51 des Neubauvorhabens und dem erhalten bleibenden Mast 110 der Bestandstrasse bzw. des alten Punktes Hesseln-Nord, in dem sich gegenüber der Bestandstrasse eine veränderte Leiterseilführung ergibt

 

Von dieser Planung betroffen sind Grundstücke

-    der Gemarkung Holtkamp der Stadt Bielefeld

-    der Gemarkung Gütersloh, Niehorst, Isselhorst und Hollen der Stadt Gütersloh

-    der Gemarkungen Steinhagen und Brockhagen der Gemeinde Steinhagen sowie

-    der Gemarkungen Künsebeck, Tatenhausen, Halle und Hesseln der Stadt Halle

 

Für den verbliebenen Leitungsabschnitt hat die Vorhabenträgerin am 16.08.2017 gleichzeitig über ein sog. „Deckblatt“ eine Ergänzung zum landschaftspflegerischen Begleitplan sowie kleinere Planänderungen in das Verfahren eingebracht, die sich auf die Einführungen der Leitung in die beiden Umspannanlagen Gütersloh und Hesseln sowie auf den Punkt Hesseln beziehen. Die von diesen Planänderungen Betroffenen sind im Rahmen eines sog. Deckblattverfahrens gem. § 73 Abs. 8 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW (VwVfG NRW) über die Planänderungen informiert worden und haben Gelegenheit erhalten, gegen diese Planänderungen ggf. Einwendungen zu erheben.

 

Am 21.11.2017 hat dann im A 2-Forum in Rheda-Wiedenbrück der Erörterungstermin stattgefunden. Unabhängig von der ortsüblichen und öffentlichen Bekanntmachung des Termins haben alle Einwender und Betroffenen sowie auch die Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange zusammen mit der Gegenäußerung der Vorhabenträgerin zu ihren Einwendungen und Stellungnahmen auch eine individuelle schriftliche Einladung erhalten. Zum Tageordnungspunkt 5 (d. h. zu den Schallemissionen und -immissionen der Höchstspannungsfreileitung/den sogenannten „Koronaeffekten“) hatte die Vorhabenträgerin der Bezirksregierung Detmold zudem noch eine durch den TÜV Hessen erstellte und vom 26.10.2017 datierende gutachterliche Geräuschprognose vorgelegt, die hier schon vor dem Termin von den Betroffenen – sie wurden darauf mit der Einladung hingewiesen – eingesehen werden konnte.

 

Im Erörterungstermin hatten dann alle Betroffenen sowie die Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange die Möglichkeit, ihre Anregungen und Bedenken vorzutragen und mit den Beteiligten zu diskutieren. Themenschwerpunkte waren die Forderungen nach einer vollständigen oder zumindest teilweisen Erdverkabelung bzw. denen nach einem „Umstellungsantrag auf neues Recht“ durch die Vorhabenträgerin und die Immissionen durch elektromagnetische Felder.

 

Am 09.07.2018 hat die Vorhabenträgerin nach Auswertung der Ergebnisse des Anhörungsverfahrens über ein zweites „Deckblatt“ einige Forderungen der Einwender aufgenommen und weitere Änderungen in das Verfahren eingebracht. Sie beinhalten kleinräumige Verschiebungen einzelner Maststandorte sowie Verlagerungen von Zufahrten zu den Maststandorten und der zugehörigen Arbeitsflächen. Darüber hinaus wurde der landschaftspflegerische Begleitplan aktualisiert.

 

Wegen der Vielzahl dieser kleineren Änderungen haben die Unterlagen des „Deckblatts 2“ in der Zeit vom 29.08. bis 28.09.2018 bei den Städten Gütersloh, Bielefeld und Halle sowie der Gemeinde Steinhagen öffentlich ausgelegen. Bis zum 12.10.2018 hatten dann die von Änderungen Betroffenen Gelegenheit, bei den Städten und Gemeinden sowie der Bezirksregierung Detmold Einwendungen zu erheben. In drei Fällen ist davon Gebrauch gemacht worden.

 

Ein drittes „Deckblatt“ wurde dann mit Schreiben vom 22.10.2018 eingereicht. Die hiervor Betroffenen wurden informiert und haben auch in diesem Fall die Gelegenheit erhalten, Einwendungen gegen die Änderungen zu erheben.

 

Eine umfangreiche und detaillierte Auswertung und Prüfung aller Planunterlagen, Gutachten, Einwendungen und Stellungnahmen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange, der Gegenäußerungen der Vorhabenträgerin sowie auch der Ergebnisse des Erörterungstermins hat sich angeschlossen. Unter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange hat die Bezirksregierung Detmold schließlich am 23.08.2019 den Planfeststellungsbeschluss erlassen, der dem Vorhabenträger diverse Auflagen macht. Zusammen mit einer Ausfertigung der planfestgestellten Unterlagen hat er in der Zeit vom 09.09.2019 bis 23.09.2019 zwei Wochen lang in den Städten Gütersloh, Bielefeld und Halle sowie in der Gemeinde Steinhagen öffentlich ausgelegen. Er wurde damit gleichzeitig denjenigen, die fristgerecht Einwendungen erhoben haben, sowie auch allen sonstigen Betroffenen öffentlich zugestellt.

 

Unabhängig davon wurden der Planfeststellungsbeschluss und alle festgestellten Unterlagen am 09.09.2019 auch hier zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt.

 

Die beiden gegen den Beschluss erhobenen Klagen hat das in erster und letzter Instanz zuständige Bundesverwaltungsgericht am 16.03.2021 abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss ist damit bestandskräftig geworden.

 

Planfeststellungsbeschluss vom 23.08.2019: siehe hier