Hinweise für die Bewertung von Bestandsliegen bezüglich Handlungsbedarf und geeigneten Sicherheitsmaßnahmen bei elektrisch höhenverstellbaren Untersuchungs- und Behandlungsliegen
Hinweise für die Bewertung von Bestandsliegen bezüglich Handlungsbedarf und geeigneten Sicherheitsmaßnahmen bei elektrisch höhenverstellbaren Untersuchungs- und Behandlungsliegen
Im Dezember 2020 ist erneut ein Sicherheitshinweis der obersten Landesgesundheitsbehörden bezüglich Sicherheitsrisiken von elektrisch höhenverstellbaren Untersuchungs- und Behandlungsliegen veröffentlicht worden. Aufgrund weiterer Todesfälle seit dem ersten Hinweis aus dem Jahr 2004 werden sowohl Hersteller als auch Betreiber solcher Liegen zur Bewertung und ggf. zur Durchführung von Maßnahmen aufgefordert. Bezogen auf Bestandsliegen sind in dem aktuellen Sicherheitshinweis u.a. folgende Maßnahmen gefordert:
„Sämtliche betriebene elektrisch höhenverstellbare Untersuchungs- und Behandlungsliegen sind auf etwaige Mängel zu überprüfen und bei Feststellung von Mängeln fachgerecht nachzurüsten oder reparieren zu lassen. Es ist in jedem Fall sicherzustellen, dass vorhandene Sicherheitseinrichtungen funktionsfähig sind und benutzt werden. In der Vergangenheit bereits entsprechend der BfArM-Empfehlung vom 2.8.2004 mit einer Sperrbox ausgestattete Liegen bedürfen ebenfalls einer Überprüfung und soweit es sich um die einzige technische Sicherheitseinrichtung handelt, einer weiteren Nachrüstung (z.B. Ersatz eines einfachen Fußpedals durch ein Fußpedal mit dreistufigem Bedienelement, Umkehrung der Laufrichtung bei Betätigung durch Fußbedienleisten).“
In den vergangenen Monaten hat diese Anforderung bei vielen Betreibern zur Verunsicherung geführt. Insbesondere stehen zwei Fragestellungen im Mittelpunkt:
- In welchen Situationen besteht bei den Bestandsliegen Handlungsbedarf?
- Was sind geeignete Nach- bzw. Umrüstmaßnahmen?
Die Information soll eine Hilfestellung für Betreiber sein, wie man Bestandsliegen beurteilen kann und listet beispielhaft einige geeignete Maßnahmen auf.
Wichtig:
Diese Information entbindet Hersteller von elektrisch höhenverstellbaren Untersuchungs- und Behandlungsliegen nicht davon, bezüglich der im Markt befindlichen Produkte, die Risikobewertung fortlaufend zu aktualisieren und ggf. Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld zu ergreifen.
Dies bezieht sich sowohl auf notwendige Maßnahmen aufgrund des Sicherheitshinweises der obersten Landesgesundheitsbehörden bezüglich Sicherheitsrisiken von elektrisch höhenverstellbaren Untersuchungs- und Behandlungsliegen vom Dezember 2020 als auch auf Maßnahmen, die aufgrund zukünftiger Erkenntnisse eventuell notwendig sein könnten.
Diese Information bezieht sich nicht auf neu in Verkehr gebrachte bzw. bereit gestellte Liegen. Sie ist auch nicht als Basis für eine Risikoanalyse eines Herstellers neuer Liegen geeignet, da bei den Bestandsliegen davon ausgegangen wird, dass z.B. mit Sperrboxen oder Zusatzschaltern bereits eine Sicherheitsmaßnahme vorhanden ist, die zwar nicht dem aktuellen Stand der Technik und dem Prinzip der integrierten Sicherheit entspricht, aber trotzdem vorhanden ist und weiter genutzt wird.
Der Betreiber bleibt dafür verantwortlich, die bereits betriebenen Liegen zu überprüfen und sie ggf. außer Betrieb zu nehmen, sie reparieren und/oder nachrüsten zu lassen.
1. In welchen Situationen besteht bei den Bestandsliegen Handlungsbedarf?
Zunächst muss eine Bewertung durchgeführt werden, ob bei vorhandenen Liegen das Prinzip der integrierten Sicherheit als erfüllt angesehen werden kann oder ob Maßnahmen erforderlich sind.
Grundsätzlich kann nur Handlungsbedarf bestehen, wenn aufgrund der Bauform (mechanischen Gegebenheiten) Fang-, Quetsch- oder Schergefahren vorhanden sind. Dies ist bei den meisten Untersuchungs- und Behandlungsliegen der Fall. Allerdings gibt es auch Bauformen, bei denen keine entsprechenden Gefahren bestehen:
Hier finden Sie eine:
Bei der weiteren Bewertung der Bestandsliegen ist es erforderlich, die unterschiedlichen Betätigungssysteme zu betrachten:
Gruppe 1 – Liegen mit Handschaltern
Bei Liegen mit Handschaltern muss geprüft werden, ob durch die Bauform des Handschalters (versenkte Taster, seitlich erhöhte Umgrenzung des Bedienfeldes) ein ausreichender Schutz gegen ein unbeabsichtigtes/unkontrolliertes betätigen gewährleistet wird.
Falls die Tasten so ausgeführt sind, dass diese unbeabsichtigt aktiviert werden können (z.B. durch Abstützen oder Knien auf einem am Boden liegenden Handschalter) und sind an der jeweiligen Liege abgesehen von der Sperrbox oder dem Zusatzschalter keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen vorhanden, besteht Nachrüstbedarf.
Gruppe 2 – Liegen mit punktuellen, eventuell beweglichen Fußschaltern am Kabel/Schlauch
Bei Liegen mit Fußschaltern am Kabel/Schlauch muss geprüft werden, ob durch die Bauform oder die Bedienfunktion des Fußschalters (durch Haube geschützte Fußtaster, mehrstufiges Bedienelement) ein ausreichender Schutz gegen ein unbeabsichtigtes/unkontrolliertes betätigen gewährleistet wird.
Besteht kein ausreichender Schutz gegen versehentliche Betätigung und sind an der jeweiligen Liege abgesehen von Sperrbox oder Zusatzschalter keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen vorhanden, besteht Nachrüstbedarf.
Gruppe 3 – Liegen mit umlaufenden Bedienelementen im Fußbereich und „klassischer“ Bewegungsrichtung (Fußreling/-wippe).
Hier finden Sie eine:
Bei Liegen mit umlaufenden Bedienelementen (Fußreling/-wippe) und „klassischer“ Bewegungsrichtung (Liegefläche bewegt sich nach unten, wenn der Betätigungsbügel mit dem Fuß nach unten gedrückt wird), welche nur mit einer von Sperrbox oder einem Zusatzschalter ohne weiteren Sicherheitsmaßnahmen ausgestattet sind, besteht Nachrüstbedarf.
Gruppe 4 – Liegen mit umlaufenden Bedienelementen im Fußbereich und „umgekehrter “ Bewegungsrichtung (Fußreling/-wippe).
Bei Liegen mit umlaufenden Bedienelementen (Fußreling/-wippe) und „umgekehrter“ Bewe- gungsrichtung (Liegefläche bewegt sich nach oben, wenn der Betätigungsbügel mit dem Fuß nach unten gedrückt wird) besteht kein Nachrüstbedarf.
2. Was sind geeignete Nach- bzw. Umrüstmaßnahmen?
Wenn bei einer Liege Handlungsbedarf festgestellt wurde und diese nachgerüstet werden soll, muss eine geeignete Maßnahme getroffen werden, um das Prinzip der integrierten Sicherheit zu gewährleisten. Mögliche Lösungsansätze werden im Folgenden kurz erläutert.
1. Zustimmungsschalter
1.1 Fußschalter mit dreistufigem Bedienelement
Der Fußschalter mit dreistufigem Bedienelement setzt im durchgedrückten Zustand den Antrieb still – oder führt zu einer Umkehrung der Bewegung. Die Höhenverstellung kann nur in der „Mittelstellung“ ausgelöst werden. Eine Aktivierung findet also nur bei einer definierten Krafteinwirkung statt.
1.2. Fußschalter mit Doppeltippfunktion
Innerhalb einer definierten Zeit (Sekunden) fällt der Antrieb nach der letzten Betätigung au- tomatisch in den „Ruhemodus“ und kann nur mit einer definierten Schaltfolge, dem soge- nannten Doppeltipp, wieder aktiviert werden, andernfalls lässt sich der Antrieb nicht betätigen.
Beispiel:
„Aufwecken“ – Bedienelement für gewünschte Fahrtrichtung kurz betätigen (keine Bewegung)
„Bewegung“ – Bedienelement betätigen und Antriebsfunktion innerhalb eines Zeitintervalls nutzen
„Ruhe“ – nach der letzten Betätigung geht der Antrieb automatisch innerhalb einiger Sekunden
in den „Ruhemodus“
2. Umkehrung der Laufrichtung bei Betätigung durch Fußbedienleisten
Dabei wird eine Liege mit „klassischer“ auf eine „umgekehrte“ Bewegungsrichtung umgestellt. Ein versehentliches Belasten des Schaltgestänges durch Körpergewicht hätte dann eine Aufwärtsbewegung der Liegefläche zur Folge.
3. Linearantrieb mit Freilauf
Linearantriebe mit Freilauf unterbrechen den Kraftschluss (die Neige-, Hub-, Zug- oder Druckbewegung) in einer Richtung. Sollte die Liege beim Herunterfahren auf einen Wider- stand stoßen, wird der Motor „entkoppelt“. Dadurch wird die Liegefläche nicht mehr durch Motorkraft nach unten gezogen, wodurch die das Risiko der Personengefährdung und der Beschädigung von Gegenständen reduziert wird.
4. Sensor für den Fingerabdruck „Fingerprint“
Über die Software wird die elektrische Höhenverstellung innerhalb einer definierten Zeit ohne Interaktion des Beschäftigten deaktiviert. Die Inbetriebnahme des Bedienfelds durch den Fin- gerabdruck kann nur durch eine autorisierte Person (Beschäftigter) erfolgen. Das Bedienfeld muss so angebracht sein, dass es bequem erreichbar ist und durch eine „bewusste“ Handlung des Beschäftigten aktiviert wird.
5. Automatische Funkschaltsysteme mit Bewegungssensoren
Wenn die Beschäftigten den Funksender bei sich tragen und sich dieser in unmittelbarer Nähe der Liege befindet, kann die Höhenverstellung ausgelöst werden. Ein Bewegungssensor im Funksender verhindert, dass dieser einfach in die Nähe der Liege abgelegt wird (keine Bewegung = keine Höhenverstellung möglich). Durch eine „Paarung“ des Funksenders mit einer definierten Liege wird nur eine Liege angesteuert und nicht eine Liege, die sich z.B. in einem Nachbarraum befindet.
Stand: Januar 2022
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